Lügen im Netz. Aktualisierte Neuauflage by Ingrid Brodnig

Lügen im Netz. Aktualisierte Neuauflage by Ingrid Brodnig

Autor:Ingrid Brodnig
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Christian Brandstätter Verlag
veröffentlicht: 2018-06-15T00:00:00+00:00


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WIE ICH FANS KAUFTE

Sie kennen das vielleicht: Wenn wir auf Amazon ein Buch kaufen oder über ein Buchungsportal ein Hotel für den nächsten Urlaub suchen, verlassen wir uns oft auf die Meinung anderer User, auf deren Bewertungen. Auch in der politischen Debatte können Onlinekommentare von – vermeintlichen – Normalbürgern als Indikator für das Meinungsklima im Land dienen – als digitaler Stammtisch. Das Problem ist nur, solche Bewertungen und Kommentare lassen sich manipulieren. Ich habe mich für dieses Buch gefragt: Wie leicht geht das, online einen falschen Eindruck zu vermitteln, zum Beispiel populärer zu wirken, als man wirklich ist? Um dies zu testen, habe ich ein Experiment gestartet und dabei selbst gefälschte Facebook-Fans gekauft.

Um nicht einen bestehenden Account oder gar meinen eigenen Auftritt auf unfaire Weise zu stärken, habe ich für diesen Versuch ein eigene Fanpage angelegt. Sie heißt „Goldfisch“ und ist bewusst unspektakulär gehalten. Man sieht einen Goldfisch als Profilbild. Als einziges Posting habe ich den Wikipedia-Eintrag zu Goldfischen dort verbreitet. Warum gerade ein Fisch, fragen Sie vielleicht? Ich wollte als Thema der Seite etwas möglichst Unpolitisches nehmen, um nicht mit gekauften Fans Meinung zu machen. Goldfische als Thema waren das politisch Unbrisanteste, das mir spontan einfiel. Sie können die Seite unter facebook.com/ hallogoldfisch übrigens ansehen (außer Facebook sperrt sie irgendwann).

Mein Goldfisch war also auf Facebook zum Leben erweckt worden: Doch er hatte bisher null Likes – das sollte sich rasch ändern. Wenn Sie auf Google nach Möglichkeiten suchen, gefälschte Fans zu kaufen, werden Sie in etlichen Kommentaren Links zu einschlägigen Seiten erhalten. Ich landete bald auf einer solchen Webseite, die perfekt für meinen Versuch schien. Unter dem Menüpunkt „Our Prices“ wurde genau aufgelistet, wie viel Geld welche Zuwendung kostet: 1000 Facebook-Fans gibt es ab vier Dollar. 1000 Likes für ein konkretes Posting kosten sechs Dollar. Man kann so circa jedes Feedback kaufen, das man erwerben möchte: Zum Beispiel vorteilhafte Bewertungen für die eigene Face-book-Page (und negative Bewertungen für die Seiten der Konkurrenz). Auch 1000 Instagram-Follower erhalten Sie für acht Dollar, ebenso 15.000 Aufrufe eines YouTube-Videos ab 15 Dollar.

Manche dieser Seiten sind umständlich, weil sie nur sehr anonyme Zahlmethoden zulassen – etwa eine Bezahlung in Bitcoins. Das Praktische an diesem Anbieter war, dass er den weitverbreiteten Onlinedienst Paypal akzeptierte: Ein paar Klicks, und ich hatte ein Guthaben von 10 Dollar. Nun interessierte mich, ob diese Seite auch wirklich ihr Versprechen einhalten – und ich kaufte für meinen Goldfisch 2000 Fans für Facebook. Kostenpunkt acht Dollar, umgerechnet 6,4 Euro.

Plötzlich wurde mein Goldfisch beliebt: Binnen weniger Minuten hatte er 200 Fans, dann 500, dann tausend. Und rasch erreichte er 2000 Fans. Und da ich noch ein bisschen Geld übrig hatte, kaufte ich 200 Likes für das Posting zum Wikipedia-Artikel und 50 „Love“-Reactions. Am meisten beeindruckte mich, wie simpel und billig dieser Prozess war: Für zehn Dollar, rund acht Euro, kann man schon recht viel Popularität vorgaukeln.

Wie funktioniert dieses System? Diese gefälschten Fans sind Bots: Roboter-Accounts, die auf den ersten Blick wie menschliche User aussehen, aber in Wirklichkeit ferngesteuert werden. In



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